Von Matthias Werny | Referent IGBCE – Das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML ist ein optimaler Ort, um die Möglichkeiten, die Digitalisierung und Industrie 4.0 zu erleben. Beim Besuch im Innovationslabor Hybride Dienstleistungen in der Logistik des Fraunhofer-Instituts zeigt sich: Es ist wichtig, auch den arbeitenden Menschen zu betrachten.

Die digitalisierte und vernetzte Produktion wird sich immer schneller und stärker im täglichen Leben widerspiegeln. Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen werden sich verändern. Die Frage ist, wie Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft mit diesem Wandel umgehen: Reagieren sie nur darauf, was kommt, laufen sie passiv mit und halten die Folgen aus? Oder gestalten und steuern sie den Wandel anhand klarer Vorstellungen und mit definierten Zielen? Die Antworten darauf müssen sowohl berücksichtigen, dass die Unternehmen am Standort Deutschland ihre Produkte weiterhin weltweit verkaufen können, als auch, dass der technische Fortschritt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einbindet und stärker denn je fordern wird. Die Vorteile von Industrie 4.0 liegen klar auf der Hand: Durch die Echtzeitvernetzung industrieller Prozesse werden Produktionen günstiger, ressourcenschonender und effizienter. Es bietet sich insgesamt ein großes Potenzial für digitale Innovation, neue Dienstleistungen und Geschäftsmodelle, unter anderem durch die direkte Einbeziehung individueller Kundenwünsche. Zudem bestehen natürlich auch Möglichkeiten zu einer humaneren Arbeitsgestaltung, etwa durch Roboter im Pflegebereich. Die soziale Frage in Form von Gestaltung und Bezahlung von Arbeit 4.0 darf dabei aber nicht hintanstehen.

»In der zukünftigen Entwicklung von Arbeit 4.0 stecken sowohl Chancen als auch Risiken.«

Die zukünftige Vernetzung von Menschen, Dingen, Dienstleistungen, Prozessen und Daten wird unsere jetzige Wertschöpfungskette von der Produktentwicklung bis zum Service stark verändern. Heutige Arbeitsplätze werden von Computern ausgeführt, neue Berufsfelder entstehen und müssen besetzt werden, neue Qualifikationsanforderungen und Aufgaben kommen auf die Mitarbeiter zu. Sie müssen umschulen und sich weiterbilden. Die zukünftigen Möglichkeiten – selbstfahrende Verkehrsmittel oder vollautomatische Produktionsfertigung für Kleinstserien – sind erst der Anfang. Deshalb müssen auch die Fragen von Datenschutz und Datensicherheit in der Zukunft einen Schwerpunkt haben. Es ist gut zu sehen, dass in Projekten wie dem Innovationslabor Hybride Dienstleistungen in der Logistik solche Fragen ganzheitlich – mit Blick auf Mensch, Technik und Organisation – angegangen werden. Arbeit 4.0 kann man dort anfassen – und die Demonstratoren zeigen auch, wie schnell man sich in der Welt von morgen zurechtfinden kann.

Gleichzeitig müssen aber neue Arbeitszeitmodelle entwickelt werden, denn die persönliche Fortbildung und lebenslanges Lernen sind ein wichtiger Baustein in der Arbeitswelt von morgen. Ein besonderes Augenmerk muss auf der wachsenden Entbetrieblichung der Arbeit liegen, die heute schon bei den „Clickworkern“ zu beobachten ist. Sie bearbeiten Aufgaben und Projekte, ohne bei den jeweiligen Unternehmen fest angestellt zu sein. Dabei sind sie sozial schlechter gestellt als Freelancer, die aufgrund eines Werk- oder Dienstvertrags im Unternehmen arbeiten.

So stecken in dieser Entwicklung viele Chancen, aber auch Risiken. Die Herausforderungen sind von der Wirtschaft, von Unternehmen und von Gewerkschaften am besten gemeinsam umzusetzen.

Dortmund, Mai 2018

Unser Autor

Matthias Werny ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Landesbezirk Westfalen. Der gelernte Verfahrenstechniker ist unter anderem als Referent für die IG BCE BWS tätig, den Bildungsdienstleister der IG BCE.