Von Anike Murrenhoff, Christoph Pott, Moritz Wernecke und Philipp-Akira Bürger | Fraunhofer IML – Im Rahmen des Innovationslabor Hybride Dienstleistungen in der Logistik entsteht derzeit ein neues Konzept zur digitalen Gestaltung intralogistischer Systeme. Das Konzept wird auf Grundlagen existierender Planungsmethodiken und soziologischer Grundsätzen aufgebaut.

In Zeiten volatiler Märkte sind hybride Dienstleistungen gefragt, um die Flexibilität und Agilität der Supply Chain sicherstellen zu können und wettbewerbsfähige Prozess- und Kostenstrukturen auszubauen. Das digitale Design kommt dabei der Forderung einer kontinuierlichen, kurzzyklischen Anpassung intralogistischer Systeme nach. Zukünftig gilt es, die Anforderungen eines hochfrequenten, schwankenden und individuellen Marktes zu bewältigen. Intralogistische Systeme müssen sich dynamisch an die daraus resultierenden volatilen Leistungsanforderungen anpassen. Hybride Systeme, in denen Mensch und Technik effizient zusammenarbeiten, können die Antwort auf diese schnellen Märkte sein.

Die soziotechnischen Netzwerke zwischen Mensch und technischen Systemen benötigen die Fähigkeit, sich dynamisch und ad hoc anzupassen und ebenso hochflexible hybride Dienstleistungen zu erbringen. So wird der permanente Wandel zum Normalzustand und eine starre schwergewichtige Planung obsolet. Daraus ergibt sich die Fragestellung, wie agile Gestaltungs- und Realisierungsprozesse für zukünftige Logistiksysteme aussehen müssen, um die Flexibilisierungspotenziale hybrider Dienstleistungen nutzen zu können.

Das Konzept der digitalen Gestaltung setzt stark auf die Einbeziehung operativer Mitarbeiter – ein wichtiger Baustein für den planerischen Erfolg.

Eine Antwort auf die Frage wird mit dem Konzept der Digitalen Gestaltung gerade am Fraunhofer IML in Dortmund entwickelt. Das Konzept der Digitalen Gestaltung besteht aus vier Modulen: einem Digitalen Zwilling des intralogistischen Systems, einem Monitoring-System, einem Planungssystem und dem Modul der partizipativen Realisierung.

Gut gewappnet für die Umplanung eines Logistiksystems: Das Video zeigt, wie der digitale Zwilling als Basis für Analyse, Planung und Optimierung dient und wie Mitarbeiter dank partizipativer Realisierung Prozesse vor der Umrüstung virtuell trainieren können. | Quelle: Fraunhofer IML

Die Elemente im Einzelnen:
  • Die zentrale Instanz der Digitalen Gestaltung ist der »Digitale Zwilling« als digitales Abbild des Logistiksystems. Er sammelt und speichert die Daten zu sämtlichen Zuständen des Systems. Damit liefert er die Datengrundlage für die Planung, Analyse und Optimierung in allen anderen Modulen der Digitalen Gestaltung. Sich dynamisch ändernde Leistungs- und Kapazitätsanforderungen führen zu der Notwendigkeit planerische Änderungen im Logistiksystem vorzunehmen. Durch Simulationen können auf Basis der Zustandsdaten aus dem Digitalen Zwilling, in Kombination mit der aktuellen Arbeitslast, zukünftige Systemzustände prognostiziert werden.
  • Die Prognose wird an das Monitoring-System weitergeleitet, das Kennzahlen des Intralogistiksystems analysiert und beobachtet. Sobald eine Kennzahl in der Prognose ihre Grenzen über- oder unterschreitet, stößt das Monitoring-System die Anpassung des Systems an die neuen Anforderungen an.
  • Das an das Monitoring-System angebundene Planungssystem arbeitet unterstützend bei der Neu- und Umplanung der Prozesse und Techniken. Es baut auf den Prinzipien der Systemtheorie und existierenden Planungsmethodiken auf und bewertet auf Basis der veränderten funktionalen und leistungstechnischen Anforderungen an das intralogistische System verschiedene Technikvarianten und Dimensionierungen, die diese erbringen können. Es entwickelt somit eine Entscheidungsgrundlage, die den Planer bei der Anpassung des Systems unterstützt.
  • Das Modul der partizipativen Realisierung arbeitet mit einem Abbild des umgeplanten Systems in Virtual Reality (VR). Durch das virtuelle Abbild können Schwachstellen der ausgewählten Lösungsvariante aus dem Planungssystem bereits vor der physischen Umsetzung bewertet werden. Ein weiterer Vorteil der Nutzung des virtuellen Abbildes des zukünftigen Systems ist, dass Mitarbeiter neue Prozesse und den Umgang mit den neuen Techniken bereits vor der Implementierung trainieren und gegebenenfalls gestalterisch aktiv werden können.

Ein Anwendungsfall der digitalen Gestaltung wird im Innovationslabor Hybride Dienstleistungen in der Logistik im Showcase Virtual Training entwickelt. In diesem Rahmen werden ein Leistungs- und ein Kapazitätsengpass im Kleinteilelager durchgespielt.

Über die Autoren

Anike Murrenhoff, Christoph Pott, Moritz Wernecke und Philipp-Akira Bürger sind wissenschaftliche Mitarbeiter am Fraunhofer IML. Sie zeichnen im Innovationslabor für das Arbeitspaket »Digitale Gestaltung« verantwortlich.