Von Veronika Kretschmer und Benedikt Mättig | Fraunhofer IML – Die ersten Studien zur Kognitiven Ergonomie im Innovationslabor Hybride Dienstleistungen in der Logistik zeigen, dass die Datenbrille eine gute Alternative zu klassischen Verfahren ist.

A ugmented Reality (AR) kann das Miteinander von Mensch und Technik in der Social Networked Industry der Zukunft so gestalten, dass der Mensch gezielt unterstützt und entlastet wird. Das zeigen die ersten Studien des Innovationslabors Hybride Dienstleistungen in der Logistik im Bereich Kognitive Ergonomie. Danach könnten digitale AR-basierte Lösungen mit virtuellen Zusatzinformationen klassische Methoden der Kommissionierung und Verpackung in Zukunft ergänzen oder sogar ersetzen. Grundsätzlich zeigt sich über alle Studien hinweg, dass die digitalen Lösungen eine gute Alternative zu den bekannten Pack- und Pickverfahren sind. Sie sind insgesamt benutzerfreundlicher und belasten den Menschen weniger. Der Einsatz neuer Technologien verspricht den Unternehmen dabei auch Zeitgewinne und Kosteneinsparungen, etwa indem Fehler bei Kommissionierung oder Verpackung vermieden oder Paletten und Pakete platzsparender gepackt werden.

Datenbrille punktet mit Null-Fehler-Quote

In einer aktuellen Laborstudie des Innovationslabors zur Palettierung schnitt die Datenbrille bei den Mitarbeitenden im Hinblick auf die Usability besser ab als die klassische Papierliste und lag gleichauf mit dem Tablet-PC. Bei der Gesamtbelastung ergaben sich zwischen allen drei Methoden allerdings keine grundsätzlichen Unterschiede. Jedoch stresste die Datenbrille die studentischen Probanden weniger als die Papierliste. Im Präferenzranking favorisierten die Teilnehmenden so auch die AR-basierte Datenbrille.

DAVON PROFITIEREN UNTERNEHMEN: Die Leistung der Probanden war im Übrigen bei allen Verfahren sehr hoch. Bemerkenswert aber: Nur die Datenbrille erreichte eine Null-Fehler-Quote.

LEDs statt virtueller Informationen?

Auch in der Kommissionierung kommt die Datenbrille gut an: In einer Evaluationsstudie des Fraunhofer IML im Trainingscenter eines großen Markenartikelherstellers verglichen die Wissenschaftler drei verschiedene Pickmethoden miteinander. Das Unternehmen verwendete neben der Papierliste bereits vorrangig Pick-by-Voice. Die Studie sollte zeigen, ob Pick-by-Vision mit der Datenbrille eine gute Ergänzung bzw. eine zusätzliche Auswahlmöglichkeit zu den bisherigen Verfahren darstellt. Im Unterschied zur Untersuchung im Innovationslabor nahmen an der Studie Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Unternehmens teil, die im Lager arbeiteten. Die Datenbrille schnitt laut Studie bei Informationsdarstellung und Designqualität sehr gut, bei der Benutzerfreundlichkeit gut ab. Im Ranking landete sie dennoch auf Platz zwei oder drei.

SO GEHT ES IM UNTERNEHMEN WEITER: Aufgrund der grundsätzlich positiven Ergebnisse wird die Lösung auf Basis der Studie weiterentwickelt und noch gezielter an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst. In einer weiteren Laborstudie des Innovationslabors zur Verpackung wurden zwei Technologien bzw. technische Assistenzsysteme miteinander verglichen, die unterschiedliche Ansätze der Interaktion verfolgen: die AR-Brille, die der Mensch am Körper tragen muss, und der PackAssist, der in einen Arbeitsplatz integriert wird. Der PackAssist wurde am Fraunhofer IML als Alternative zur Datenbrille entwickelt. Er besteht aus herkömmlichen LED-Leisten, die in x- und y-Ausrichtung vollständig flach in einen Verpackungstisch eingelassen werden. Unmissverständliche Farbsignale zeigen dem Verpacker dann an, wie er die Artikel im Karton so platzsparend wie möglich verpackt.

DAS MÜSSEN UNTERNEHMEN WISSEN: Jede Lösung besitzt ihre spezifischen Vorteile: Das LED-System schnitt bei den studentischen Probanden in Bezug auf wahrgenommene Leistung, Frustration, Anstrengung sowie körperliche und geistige Anforderung besser ab als die Datenbrille. Die AR-Lösung punktete jedoch bei der zeitlichen Anforderung beim Verpacken. Im Ergebnis unterstützten beide digitalen Assistenten die Nutzer effektiv.

Dortmund, Oktober 2018

Über die Autoren

Die Studienleitung der IML-Laborstudien lag bei Dr. phil., ­Dipl.-Psych. Veronika Kretschmer und Dipl.-Inf. Benedikt Mättig, beide wissenschaftliche Mitarbeitende am Fraunhofer IML.